Kulturaustausch und Medaillen-Glück bei Tai Chi Wettbewerb
in China

Vom 28. bis 30. Juli, fand in der südchinesischen Hafenstadt Quanzhou der 9. Internationale Süd-Shaolin-Kampfkunst-Wettbewerb statt. Quanzhou gehört zur Provinz Fujian, die sich über eine Fläche von mehr als 120.000 qkm erstreckt und hat ca. 7,5 Millionen Einwohner (zum Vergleich: Hessen: 21.000 qkm, Frankfurt: 2,2 Mio. Einwohner). Drei Tage lang zeigten die ca. 2.000 Teilnehmer ihre besten Leistungen in Kung Fu, Taiji und anderen Techniken und tauschten Erfahrungen aus. Mehr als 10 Delegationen aus Österreich, Deutschland, Italien, Israel und anderen Ländern, sowie ca. 100 Delegationen aus verschiedenen Regionen Chinas waren vertreten.
Für die Stadt Quanzhou und die gesamte Provinz Fujian ist dies jedes Jahr ein bedeutendes kulturelles und sportliches Ereignis. Es wurde organisiert vom Sportministerium der Provinz Fujian, dem staatlichen Beratungszentrum für Vereine und den Kampfkunst-Vereinen der Provinz. Dem Wunsch der Organisatoren zufolge sollte der Event eine Internationale Plattform darstellen, auf der sich die Kampfkunst Eliten gegenseitig anspornen und ihre Erfahrungen austauschen können, um so zur Entwicklung und Verbreitung der Süd Shaolin Kampfkunst im Ausland beizutragen, erklärte der Initiator, Herr Xiao Feiwu gegenüber der chinesischen Presse.
Als Hafenstadt ist Quanzhou eine aufstrebende Wirtschaftsmetropole im modernen China und stolz auf ihre fast tausendjährige Shaolin-Tradition. Quanzhou, so wird überliefert, ist die Wiege der Süd-Shaolin Kampfkunst und der hier praktizierte Zen Buddhismus habe sich von hier aus erst nach Japan und darüber hinaus weltweit verbreitet. Das in der Stadt beheimatete Süd Shaolin Kloster soll seit seiner Gründung vor mehr als 1.000 Jahren drei mal zerstört und wieder aufgebaut worden sein. In der Zeit der Ming Dynastie (vor rund 500 Jahren) sollen die kaiserlichen Truppen die Mönche um Hilfe gegen japanische Piraten gebeten haben und 500 “Kampfmönche” von Quanzhou seien diesem Aufruf gefolgt. Durch Verrat soll das Kloster zur Zeit der Qing Dynastie (Mitte 17. bis Anfang 19. Jahrh.) zu Fall gebracht worden sein. Es wurde niedergebrannt und nur 5 Mönche konnten fliehen. In der Anonymität bewahrten sie den Süd-Shaolin Kampfstil und kultivierten ihn weiter. Sie wurden mit der Bezeichnung die “Five Ancestors” (Fünf Ahnen) geehrt und ihr Kung Fu-Stil nach ihnen benannt: “Five Ancestors Fist” (Die Fünf Ahnen-Faust).


Jutta Fleck, Tai Chi- und Qi Gong- Lehrerin aus Niedernhausen und Kursleiterin beim TSV Vockenhausen, hatte die außergewöhnliche Gelegenheit dabei zu sein und die Ehre als Mitglied der Österreichisch/Deutschen Delegation für die Wiener Kampfkunst-Schule Studio Zhang, antreten zu dürfen.
Die Möglichkeiten an einem Wettbewerb auf internationalem Niveau in China teilnehmen zu können sind sehr selten: Erforderlich ist zunächst, dass der Lehrer/Trainer von den Gastgebern/ Veranstaltern eingeladen wird, was ein erhebliches Maß an Reputation im Heimatland der inneren Kampfkünste voraussetzt. Die Einladungen an Meister Zhang, der seit 1990 in Wien lebt, zeigen dass er nicht nur in Europa geschätzt wird, sondern ihm nach wie vor in seiner Heimat China großer Respekt als Vertreter der traditionellen chinesischen Kampfkunst entgegengebracht wird.
Meister Zhang wurde seit seiner Kindheit in den chinesischen Kampfkünsten unterrichtet. Sein erster Lehrer, Meister FU Jiang Sheng entstammt einer Familie großer Meister in den traditionellen chinesischen Künsten (Kampfkunst, Kräuterlehre und chinesische Medizin). Das Erlernen der Kampfkünste bezog sich nicht nur auf die Körperübungen, sondern auch Philosophie, Ethik, Kunst und Kenntnisse in Chinesischer Medizin. Nach Abschluss seines Sportstudiums, unterrichtete er an der Universität für Traditionelle Chinesische Medizin in der Provinzhauptstadt Fujian, trainierte eigene Teams für Wettkämpfe und war als Schiedsrichter aktiv. Ebenso wie er selbst wurden die von ihm ausgebildeten Schüler mit zahlreichen Medaillen ausgezeichnet.

Die Chance zu haben, sich auf diesem Wettbewerb präsentieren zu können, und diese Linie fortzuführen, war für das von Meister Zhang zusammen gestellte Österreichisch/Deutsche Team eine große Ehre und Herausforderung und ein großes Glück, als es gelungen war. Das Team trat in insgesamt 47 Einzel- und 7 Gruppendisziplinen an und errang zusammen 24 Gold-, 17 Silber-, 11 Bronze- Medaillen. Auch Jutta Fleck konnte mit Ihren Leistungen überzeugen: Drei mal Bronze in den Einzeldisziplinen: Handform “24 Formen Yang Stil Taiji”, Waffenform: “32 Yang Stil Schwert Taji” und Partnerform: “Yang Stil Pushing Hands”, sowie Gold in der Gruppenform “verschiedene Qi Gongs”, Silber in “Gesundheits Qi Gong Großer Tanz” und Bronze in “24 Formen Yang Stil Taji”.


Dieser Wettbewerb und die Vorbereitung waren kein Sonntagsspaziergang kommentiert Jutta Fleck, sondern für jeden harte Arbeit an sich selbst. Aber es war eine unglaubliche, Horizont-erweiternde Erfahrung: intensiv, beeindruckend, fordernd, anstrengend und erfüllend alles zugleich.


Für mich war es schon ein unglaubliches Erlebnis in das Team aufgenommen zu werden und
gemeinsam mit den langjährigen österreichischen Schülern von Meister Zhang wie Anna Muck, Ingrid Bruckmüller oder Thomas Hudecsek anzutreten. Sie alle haben schon erfolgreich an nationalen und internationalen Wettkämpfen teilgenommen oder kennen sogar, wie Ingrid Bruckmüller, Wettkämpfe aus der Perspektive als Schiedsrichterin wie z.B. auf dem 4. internationalen Wu Wei Cup in Hamburg im September 2014. Als Gruppe und individuell haben wir Grenzen getestet und teilweise überschritten. Die Trainingszeit war geprägt von der unermüdlichen, liebevoll-strengen und fürsorglichen Betreuung durch Meister Zhang und seine Frau, die in meinen Augen die eigentlichen “stillen Helden” dieses Wettbewerbs sind. Es war sehr schön zu spüren, welche Wertschätzung Meister Zhang in seinem Heimatland entgegen gebracht wird und mit welcher Herzlichkeit auch wir aufgenommen wurden. Auch wenn wie bei der Olympiade – das “Dabei-Sein” – hier ALLES war, so ist es doch sehr befriedigend, wenn es einem tatsächlich gelingt, im entscheidenden Moment einigermaßen auf den Punkt zu kommen, daß die gezeigten Leistungen tatsächlich mit einer Medaille honoriert werden. Und das spiegelt sich in den zutiefst entspannten und glücklichen Gesichtern aller Teilnehmer wieder, ganz gleich, woher sie kommen und welchen Stil sie praktizieren.